25.04.2025
Seit knapp zwei Wochen habe ich nun schon Zugriff auf den Kurs „Gelassen ins Gelände“ von Sarah Endrich von https://zusammenfrei.de/. In dieser Zeit habe ich vor allem viel über Stress bei Pferden und wie man diesen erkennt, gelernt. Ich bin inzwischen in Modul 2, in dem es jetzt um die Basiskommunikation mit positiver Verstärkung geht.
Das Konzept finde ich wahnsinnig interessant. Im Prinzip geht es darum, dass nur das richtige Verhalten belohnt (=verstärkt) wird, das nicht richtige Verhalten aber nicht bestraft. Das Pferd wird quasi „gefragt“, ob es ein Verhalten zeigen kann, kann aber auch „nein“ sagen. Das entspricht sehr dem, wie ich gern mit meinem Pferd umgehen möchte. Das Pferd als Partner mit Mitspracherecht.
Heute hatte ich nun zum ersten Mal Gelegenheit, das theoretisch erlernte Wissen in die Praxis umzusetzen, ich war das erste Mal seit meinem Urlaub wieder bei Lukas. Zuerst einmal hatte ich Glück, heute wollte er mit mir mit rauskommen. Dann wollte er aber nicht so richtig an die Putzstelle gehen, sondern sich lieber umschauen. Das habe ich erlaubt. Beim Putzen hat er auch nicht so richtig glücklich ausgesehen, er verliert aber noch einiges an Fell, deswegen habe ich wenigstens etwas davon rausgeholt.
Dann haben wir die erste Übung versucht: die sogenannte Nullposition. Dabei soll das Pferd einfach nur entspannt neben mir stehen, den Kopf weder abgewandt noch bei mir rumsuchend. Ich dachte, diese Übung wäre für Lukas total einfach. Wie überrascht war ich, dass er sich unheimlich schwer damit getan hat, einfach dazustehen. Ich habe es knapp 10 Minuten geübt, dann sind wir in Richtung Reitplatz gegangen.
Im Moment ist das Gras natürlich ein überwältigender Reiz. Lukas bekommt nur dann Gras, wenn ihn jemand von den Reitbeteiligungen grasen lässt, also eigentlich fast nie. Ich verstehe vollkommen, dass er es ausnutzt, wenn er mal die Gelegenheit bekommt. Trotzdem habe ich mich dabei ziemlich blöd gefühlt. Irgendwie hilflos. Dauernd hatte ich den Gedanken: „Wenn ich ihn lasse, steht er auch noch in einer Stunde hier und frisst. Für ihn wird nie irgendwas wichtiger sein als das.“ Ich habe auch versucht, das Gras-Stopp-Signal zu üben. Ich habe ihn zwar hochbekommen, aber er hat natürlich auch schnell verstanden, wie er sich hinstellen muss, damit ich nicht an sein Halfter komme und dass ich keine Chance habe, wenn er den Kopf nicht anheben möchte.
Letztlich sind wir bis zum Reitplatz gekommen, haben dort aber nichts „vernünftiges“ gemacht und sind dann wieder grasend zurückgegangen.
Auf dem Hof habe ich dann nochmal die Nullposition geübt. Das hat sogar ganz gut geklappt.
Was auch gut geklappt hat, war, dass ich deutlich sehe, wie unentspannt er aussieht. Seine Nüstern sind hochgezogen, die Augen zeigen Sorgenfalten und die Kaumuskulatur ist dauerhaft angespannt. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass er in der Herde entspannen kann.

Können Pferde auch depressiv sein?
27.04.2025
Rückblickend auf Freitag muss ich sagen, dass mein größtes Problem war, dass ich mich irgendwie hilf- und ratlos gefühlt habe. Zum Glück gab es im Kurs auch dazu ein Video, das mir die Augen geöffnet hat. Auf zwei Ebenen: 1. Ich kann nicht alles von jetzt auf sofort umstellen. Jedenfalls nicht, wenn ich nebenbei noch gewährleisten möchte, dass Lukas sich bewegt. Und 2. Soll ich sein Verhalten als Feedback an mich werten. Er möchte mich nicht ärgern und er nutzt mich auch nicht aus. Sein Verlangen nach Gras ist einfach ein größerer Reiz.
Mit diesem Wissen habe ich mir gestern noch einen etwas angepassten Trainingsplan erarbeitet. In diesem werden einfach die Clickereinheiten ersetzt durch die Übungen aus dem Kurs. Unterschied zu vorher? Ich vermische nicht positive mit negativer Verstärkung, wie ich das bisher bei den Vor- und Hinterhandwendungen gemacht habe.
Die erste Herausforderung ist mir heute direkt im Stall begegnet: Lukas hat schön gefressen und sah nicht so aus, als wollte er mit mir kommen. Letztlich wollte ich ihm die Entscheidung lassen. Meine Lösung: ich habe ihn einfach an der Heuraufe gestriegelt und von seinen Unmengen an Fell befreit. Ich glaube, das war für uns beide eine gute Lösung.
Dann sind wir tatsächlich irgendwann in gemeinsamem Einverständnis nach draußen gegangen. Lukas musste sich alles anschauen, ich habe ihn gelassen. Am Putzplatz habe ich nur nochmal die losen Haare entfernt und die Hufe ausgekratzt. Danach haben wir ein bisschen Nullposition geübt. Das hat schon prima geklappt.
Auf dem Weg zum Reitplatz hat das Gras natürlich sehr gelockt, ich habe ihn allerdings alle paar Schritte dafür gelobt und belohnt, dass er mitgekommen ist und so hat es geklappt. Auf dem Reitplatz wollte ich dann die erste Trainingseinheit starten. Je 5 Minuten auf jeder Hand führen. Mit meinem neu erlernten Wissen habe ich zwei Dinge sehr deutlich gesehen: die rechte Seite des Reitplatzes hat ihn enorm gestresst (bis hin zum Seitwärtsspringen) und das „sinnlose“ im Kreis herumtrotten fand er jetzt nicht so prickelnd. Schneller wollte er aber auch nicht und ich wollte keinen Druck anwenden.
Als Clickereinheit haben wir dann Nullposition geübt. Das hat echt gut geklappt. Lukas hat nur hin und wieder sehnsüchtig zum Gras geschaut.
Die zweite Bewegungseinheit war auch nicht viel besser als die erste. Immerhin haben wir sie durchgezogen.
Dann gab es endlich die Graspause. Wir sind dazu rausgegangen, weil das Gras dort am Weg schöner ist. Der Weg war stressig für ihn, aber das Gras hat ihn sehr entschädigt. Ich habe sogar einige Male das Graskommando üben können („Gasen“ als Go-Signal, „Und weiter geht’s“ als Stopp-Signal). Das hat in 5 von 9 Fällen ganz gut geklappt.

Nach etwa 10 Minuten Grasen sind wir wieder auf den Reitplatz gegangen und haben dort das Handrücken-Target geübt. Das Prinzip hat er recht gut kapiert. Ich habe ihn dann sogar frei stehen lassen. Zwischendurch war der Reiz des Grases am Reitplatzrand zu groß und er ist grasen gegangen. Ich habe mich nicht aus der Ruhe bringen lassen, ihn ein bisschen grasen lassen und habe ihn dann mit dem Stopp-Signal wieder vom Gras weggeholt und zumindest umgedreht. Man muss den Reiz ja nicht größer machen, als er ohnehin ist. Dann habe ich per Handrücken-Target ein paar Schritte vorwärts geclickert.
Es war mein Highlight des Tages, dass er sich tatsächlich vom Gras wegholen ließ. Er hätte jederzeit wieder hingehen können.
Die Bewegungseinheiten im zweiten Modul waren nicht besser als die ersten. Ich konnte gut beobachten, dass Lukas sehr gestresst und in sich gekehrt wirkt. Daran muss ich noch eine Weile arbeiten. Aber ich bin fest entschlossen, die Lebensfreude in seine Augen zurückzuholen.
Nach dem letzten Grasen (15 Minuten), sind wir zurückgegangen und haben auf dem Hof noch ein bisschen Nullposition und Handrückentarget geclickert. Insgesamt war ich heute zufriedener als am Freitag.