10.01.2025 – Vor dem Training
Draußen ist gerade alles entweder nass und matschig oder hart gefroren und das wird auch sicher noch ein paar Mal vorkommen. Ich muss mir also etwas einfallen lassen. Zum Glück sind mir in den letzten Tagen zwei interessante Beiträge aufgefallen:
- Im Beitrag einer anderen Bloggerin (WegezumPferd) habe ich gesehen, dass sie ihr Pferd zum Putzen und Hufe geben nicht anbindet. Im Beitrag stand, dass sie dieses Stillstehen per Clicker erarbeitet hat.
- In einer Studie* zum Bewegungsverhalten von Haus-Pferden in verschiedenen Haltungsformen wurde gezeigt, dass Pferde in Offenstallhaltung im Vergleich zu Pferden in Boxenhaltung signifikant weniger Bewegungsdrang gezeigt haben. Außerdem zeigten Kaltblüter tendenziell (nicht signifikant) weniger Bewegungsdrang als Warmblüter.
Lukas ist ein Kaltblut in Offenstallhaltung. Vielleicht stimmt es gar nicht, dass mein Pferd nur dann ein erfolgreiches Training hatte, wenn es viel gelaufen ist und sich körperlich angestrengt hat? Klar, dann haben wir am Muskelaufbau und Fettabbau gearbeitet, was er definitiv nötig hat. Aber könnte es auch ein „richtiges“ Training sein, wenn ich den Fokus auf etwas anderes lege, etwa Stillstehen und Hufe geben? Dass Stillsitzen (in meinem Fall) anstrengend sein kann, wissen nicht nur meine Kinder, sondern auch mir fällt es schwer. Heute Morgen habe ich meditiert – zumindest habe ich es versucht. Es ist nämlich echt schwierig, einfach nur dazusitzen und seine Gedanken vorbeiziehen zu lassen ohne mitzugehen, aufzuspringen und gleich alles zu erledigen, was einem da so in den Kopf kommt.
Wenn ich Lukas so anschaue, fällt ihm Stillstehen viel leichter als mir, jedenfalls immer dann, wenn er in seiner Herde steht. Am Putzplatz ist das etwas anderes und auf dem Reitplatz oder Roundpen liegt sein Fokus eher darauf, auf dem kürzesten Weg zum nächsten Grashalm zu gelangen.
Da das Wetter zurzeit sowieso nicht allzu viel Bewegung zulässt, werde ich es heute mal mit einer anderen Art von Training probieren: Stillstehen. Und in der Steigerung Hufe geben. Meine Idee ist, es auch mal über Clickern zu erarbeiten. Da ich ihn aber nicht fettfüttern möchte – damit wir bei besseren Bodenbedingungen nicht noch mehr am Fettabbau arbeiten müssen – werde ich hier nur sehr defensiv belohnen, also wirklich nur nach längerem Stillstand bzw. Hufe heben.
Wie das geklappt hat, schreibe ich nach dem Training auf.
*Schmitz et al. Using a Citizen Science Approach with German Horse Owners to Study the Locomotion Behaviour of Horses on Pasture, Sustainability 2020, 12, 1835
11.01.2025 – Trainingsergebnisse
Als ich ankam, ist Lukas schon mal zum Ausgang gegangen. Der Arme, dem war bestimmt langweilig. Ich habe ihn erst mal normal geputzt. Am Hals und am Nacken war er wieder sehr empfindlich, da hat er wohl wieder mehr Schmerzen als zuletzt (er hatte sich beim Hufschmiedbesuch am Halfter aufgehängt und seitdem Nackenschmerzen, die auch eine osteopathische Behandlung nur bedingt bessern konnte). Als erstes sind wir eine kleine Runde um den nahegelegenen Bach spazieren gegangen. Am Anfang ist er ein paar Mal stehen geblieben, im Großen und Ganzen ging es aber. Da der Boden auf dem Roundpen gar nicht so schlimm war wie befürchtet, bin ich danach dorthin gegangen.
Also Stillstehen fällt Lukas nicht schwer, jedenfalls die paar Minuten, die ich es ausgehalten habe *hihi*. Wenn er brav war, hat er ein Stück kleingeschnittene Möhre als Belohnung bekommen. Ich glaube, dieses Spiel fand er toll. Futter fürs Nix-machen. Das ist nach seinem Geschmack. Zwischendurch bin ich immer mal wieder Runden mit ihm gelaufen, meistens ganz frei, ich habe ihn nur mit dem Halsring zum Weitergehen aufgefordert, wenn er stehen geblieben ist oder meinte, fressen zu müssen.
Dann haben wir Hufe geben geübt. Da hat er definitiv noch Trainingsbedarf. Mehr als drei oder vier Sekunden pro Huf hat er nicht geschafft. Da muss ich weiter ran. Kein Wunder, dass der Hufschmiedbesuch für ihn Stress bedeutet. Aber relaxed auf drei Beinen stehen ist ja auch nicht so einfach.
Immer, wenn ich ihm eine Pause geben wollte und weggegangen bin, ist er mir gefolgt, ich habe es mal so interpretiert, dass er weitermachen wollte.
Zum Schluss, die letzten 10 Minuten, haben wir dann nochmal den trockenen Außenring des Roundpens genutzt und ich habe das Longieren am Halsring weiter geübt, diesmal nur mit dem Führstrick, der leider etwas kurz ist. Dennoch macht er es super, er ist toll gelaufen und ist auch meinen Aufforderungen, schneller zu laufen oder sogar zu traben, problemlos gefolgt. An einer Stelle habe ich es sogar wieder geschafft, dass er an der Hand galoppiert ist. Das hat er schon mal gemacht, aber eigentlich ist Galopp im Roundpen nicht seine Stärke. Umso mehr habe ich mich gefreut. Irgendwann wollte er den Aufforderungen dann nicht mehr so richtig folgen, da hatte er wohl keine Lust mehr. Also habe ich aufgehört. Hatte er ja toll gemacht bis dahin.
Zurück am Putzplatz habe ich ihn einfach unangebunden stehen gelassen, war ja sonst niemand da. Das hat auch sehr gut geklappt, auch das Hufe auskratzen, auch wenn er es auch hier nicht lange geschafft hat.
Insgesamt bin ich zufrieden. Ich habe ihn für insgesamt etwas mehr als eine Stunde beschäftigt. Dem Training würde ich 4 von 5 Sternen geben.
Morgen gehe ich wieder hin. Mal sehen, was der nächste Trainingstag bringt.
12.01.2025 – Bewegungsdrang und schlechte Nachrichten
Oje. Es könnte sich alles ändern. Die Besitzer von Lukas haben heute davon gesprochen, ihn zu verkaufen. Das hat mich total traurig gemacht. Auch wenn noch nichts entschieden ist, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass es irgendwann passiert. Die Besitzer machen eigentlich nichts mit Lukas, sie haben ihn und bezahlen alles für ihn (obwohl sie sehr wenig Geld haben), aber bewegt wird er von drei Reitbeteiligungen, von denen ich eine bin. Eine andere Reitbeteiligung ist in den Herbsferien abgesprungen, sie hat keine Lust mehr auf Pferde. Die zweite Reitbeteiligung und ich können nur jeweils zweimal die Woche kommen, sodass er insgesamt an vier Tagen bewegt wird, an drei nicht. Seit den Herbstferien suchen wir jemand Neues für Lukas gesucht, haben aber bisher nur ein junges Mädchen ohne große Pferdeerfahrung gefunden, die nur einmal die Woche kommen kann, da aber auch Stalldienst macht und insgesamt sehr wenig Zeit für ihn hat. Kurzum, Lukas ist unterfordert. Zusammen mit seinem etwas eigenwilligen Charakter keine gute Kombination. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Besitzer auf die Idee kommen, ihn zu verkaufen. Letztlich haben sie mit diesem Pferd nur Kosten und Aufwand.
Sie haben jetzt nochmal eine Anzeige für eine weitere Reitbeteiligung geschaltet (zum Kutsche fahren, da Lukas nicht so gerne unter dem Sattel geht), aber sehen wir der Tatsache ins Auge: Wenn kein Wunder geschieht, wird Lukas über kurz oder lang verkauft werden.
Trotzdem will ich nach vorne schauen. Veränderungen müssen nicht schlecht sein. Auch wenn es plakativ klingt, es war schon häufiger so: Wenn sich eine Tür schließt, geht irgendwo anders eine auf. Ich muss nur darauf vertrauen, dass alles gut werden wird.
Nun ja, gehen wir mal weg von diesem traurigen Thema und kommen zum heutigen Training zurück. Einer der Anlässe für die Verkaufsgedanken war, dass Lukas heute die anderen Pferde der kleinen Herde ohne Anlass rumgescheucht hat. Vermutlich weil er unterfordert ist.
Als ich kam, ist er schon wieder ganz von selbst zum Ausgang gelaufen. Andere würden das vielleicht für ein Zeichen halten, dass das Pferd die Arbeit so liebt, aber ich kenne den Dicken besser. Ihm ist langweilig. Er möchte raus.
Beim Putzen war alles gut. Er hat sich sogar am empfindlichen Nacken anfassen lassen. Er hat an seiner Kastrationsnarbe eine gerötete, haarlose Stelle, die ihm zwar nicht wehtut, aber juckt. Ich glaube, das hat auch nicht gerade dazu beigetragen, dass die Besitzer ihn unbedingt behalten wollen, er ist wie eine ewige Baustelle. Immer hat er irgendwo eine Hautverletzung, meist an den Beinen, diesmal eben an der Kastrationsnarbe. Ich glaube ja, dass er irgendeinen Vitamin- oder Mineralstoff-Mangel hat, aber er ist eben nicht mein Pferd, um die Ernährung kümmern sich die Besitzer. Für einen aufwendigen Bluttest, der hier nötig wäre, haben sie kein Geld übrig.
Nach dem Putzen wollte ich wieder eine Runde spazieren gehen, aber Lukas hat wieder mal nach ein paar Metern gestreikt. Also sind wir gleich in den Roundpen gegangen. Die ersten Runden waren schwierig, er braucht immer so zehn Minuten, bis er in Gang kommt. Dann habe ich ein paar Stangen in den Weg gelegt, damit die Runden interessanter werden. Und dann wollte ich wieder am Halsring longieren.
Holla die Waldfee, was ist der losgelegt. Ich habe ihn dann relativ schnell frei laufen lassen, da er eindeutig Dampf ablassen musste. Er ist dann bestimmt zehn Minuten lang in angespanntem Trab und schnellem Galopp um den Roundpen gerannt, eine meiner Stangen ist dabei gesplittert, die habe ich mal schnell aus dem Weg geräumt und durch weiche Stangen ersetzt.
Nach etwa zehn Minuten und vielen Bocksprüngen hatte er sich ausgetobt und wir konnten vernünftig arbeiten. Er konnte an der Hand longiert werden, auch im Trab, hat mit mir Stillstehen geübt und Seitwärtsgang, Vorhandwendungen und Rückwärtsrichten. Am Ende konnten wir sogar noch die Bachrunde nachholen. Nach etwa einer Stunde habe ich ihn zurückgebracht.
Am Putzplatz war er wieder frei und wir konnten noch Hufe geben üben. Fünf Sekunden waren drin.
Insgesamt war ich heute sehr zufrieden. Er war trotz Übermut sehr höflich und kooperativ, ich hatte keine Sekunde Bedenken um meine Sicherheit, trotz wild bockendem und ausschlagendem 900-Kilo-Ungetüm mit mir im Roundpen. Fünf von fünf Sternen, auch wenn neben dem lachenden auch ein weinendes Auge steht.